Donnerstag, 30. Oktober 2008

Die Sakkotypen des Frühjahrs III: Der Büroanzug

"Abgesehen von einem möglichst unauffälligen Dessin, das es gestattet, mit Hemd- und Krawattenmuster ohne Komplikationen zu operieren und hier immer wieder für Abwechslung zu sorgen, sind für den Anzug, den man als Büroanzug nominieren könnte, folgende beide Faktoren von Bedeutung: Hat man nicht gerade einen Beruf, in dem man "à quatre épingle" angezogen sein muß, dann wird man für den Arbeitstag meist dem zwanglosen Anzugsstil den Vorzug geben vor den allzu korrekten Modellen. Also kein Promenaden- oder Teeanzug in der Art des eleganten Zweiknopfsakkos mit hohem steigendem Revers oder tiefgeschnittener zweireihiger Weste. Und dann ist es auch nicht gerade sehr bequem, wenn man an seinem Schreibtisch mit einem Zweireiher sitzt. Denn, wenn man nicht will, daß sich bei ihm in der Magengegend häßliche Querfalten einnisten, muß man ihn immer wieder aufknöpfen, wenn man sich mal erhoben hatte; immer daran zu denken, fällt manchem aber recht lästig. So ist denn der Einreiher mit dem solide fallenden Revers hier die passende Anzugsgattung.


Keineswegs braucht nun aber ds Modell simpel zu sein. Die neue Saison stellt diesmal sogar eine Form mit hochmodischen Akzenten heraus, basierend auf dem "Edwardian-Style", der überdies den Vorzug hat, daß seine charakteristischen Eigenschaften zugleich auch praktisch sind. Dies gilt von der nur oben geschlossenen Front ebenso wie von den beim Sitzen bequemen schrägen Taschen, auf die sich aus diesem Grunde ja auch die Reiter festgelegt haben.

Und schließlich sind auch die um die Jahrhundertwende üblichen und heute wieder populär werdenden Ärmelaufschläge nicht ganz ohne Sinn, denn man kann sie schnel als "Mementa" verwenden, wenn man sich eine Notiz gemacht hat, die man nicht verlegen möchte.

Den Stil der Jahrhundertwende aufnehmend auch wieder Kragennadel, teils bei Windsorform, Pendantmöglichkeiten bei Krawatte und Strumpf. Neben Camber (Model Wegener) und Snaphrim (Modell Rockel) auch Melone. Da fallende Revers: Fullbrogues zulässig.


Bei diesem Sakko hat man es denn auch mit dem Beiwerk insofern verhältnismäßig leicht, als man bei einem Modell dieser Art kaum irgendwelche Einschränkungen zu machen braucht. Gegen den gesteiften weißen Kragen läßt sich hier ebensowenig einwenden wie gegen ein farbiges Hemd mit Nadelkragen. Auch Krawatte, Taschentuch und Strümpfe können ebenso diskret als auch auf Farben eingestellt sein. Und neben den verschiedenen Hutformen bringt sich gerade hier auch die Melone wieder in Erinnerung, weil auch sie ihre Blüteperiode in der Zeit Edwards VII. hatte. Womit dieser Anzug beweist, daß er bei so verschiedenen Zusammenstellungen auch noch eine Qualifikation für allerlei andere Gelegenheiten besitzt."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen