Samstag, 11. Oktober 2008

Die Sakkotypen des Frühjahrs I: Der Stadteinreiher

Zwar hat vor kurzem erst der Herbst begonnen, aber da die Planung einer jeden vernünftigen Garderobe bzw. auch Neuanschaffung rechtzeitig geplant sein will, sollte man auch jetzt schon den einen oder anderen Gedanken an den Frühling verschwenden. So sieht es auch das Herrenjournal:

"Seit längerer Zeit gibt es zum erstenmal wieder bei den einreihigen Sakkos ein Modell, das insofern eine Sonderstellung einnimmt, als sein Aktionsradius verhältnismäßig begrenzt ist, denn diese Fasson ist vornehmlich für die Bannmeile der Großstadt bestimmt. Und zwar durch die korrekte Note, die diesem Sakko durch seine steigenden Revers zudiktiert wird. Der Anzug erhält durch diesen Schnitt einen Stil, der für das Beiwerk fast noch verpflichtender ist als beim Zweireiher, der sich, wenn er aus einem Cheviot gearbeitet wird, schließlich auch einmal zwanglosere Attribute wie etwa den Snapbrim leisten kann. So rangiert dieser Einreiher in gewisser Beziehung heute beinahe noch vor dem zweireihigen Anzug. Um so mehr, da man ihn hauptsächlich als Zweiknopfsakko arbeitet und er dann mit einer zweireihigen Weste oder einer Phantasieweste kombiniert wird, was seine Eleganz noch mehr unterstreicht.

Der seriöse Eindruck dieses Modells wird noch dadurch betont, daß man bei ihm alle prononcierten Muster vermeidet. Mit besonderer Vorliebe wendet man sich daher hier den Diagonalstoffen zu, die man dann besonders in Braun oder Grau wählt. In Dunkelblau oder in einem schwarzen Panamastoff hat dieses Modell aber geradezu festlichen Charakter, und es kann dann ebensogut als gesellschaftlicher Tagesanzug wie auch als kleiner Abendanzug - in diesem Fall natürlich mit Schleife - verwendet werden.


Der Stadteinreiher mit steigendem Revers bekommt eine besonders elegante Note durch die zweireihige Weste; Vielfach in Uni gehalten, belebt man diesen Anzug gern durch ein gestreiftes Hemd mit Querfront, das als Basis dienen kann für eine Krawatte mit Bandelierstreifen. Auch bei den Strümpfen empfehlen sich Streichen. Der steigenden Revers wegen nur Halfbrogues, keine Flügelkappen. Ebenso nur camberartige Hüte und kein Snab.

Die Exklusivität dieses Modells ist nun aber keineswegs ein Hinderunsgrund, es durch dekoratives oder farbiges Beiwerk zu ergänzen. Das trifft besonders für Hemd und Krawatte zu. Denn der ruhige Stoff, der heir zur Verarbeitung kommt, kann dies durchaus vertragen. So hält man sich hier, um keinen zu monotonen Eindruck zu machen, bei dem Hemd, zu dem natürlich ein Speerkragen gehört, an klassische Streifen - auf der Brust horizontal verlaufend - und bei den Krawatten meist an leuchtende Farben, unter Beschränkung auf ruhigen Fond.
Sofern der Sakko als Promenadenanzug getragen wird, können ihn natürlich - in harmonischer Beziehung zu Hemd und Krawatte - auch Strümpfe und Taschentuch diskret beleben. Und ausnahmsweise sogar auch einmal Handschuhe, wie bei allen Anzügen, die in der Klasse des Homburgstils rangieren und sich demzufolge also nur mit korrekten Hüten sehen lassen.


(c) Herrenjournal 4/1951

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen