Samstag, 18. Oktober 2008

Die Sakkotypen des Frühjahrs II: Der Stadtzweireiher

Während bei den einreihigen Anzügen die Meinungsverschiedenheiten darüber noch weiter bestehen, ob der formlosen amerikanischen Silhouette mit den Hängeschultern oder dem englisch orientierten Stil mit den strengen Konturen der Vorzug gegeben werden soll - in der Debatte hierüber ist es im übrigen kürzlich sogar in den USA zu einem "Unentschieden" gekommen - scheidet diese Frage bei dem zweireihigen Sakko eigentlich so gut wie ganz aus. Mit seiner doppelten Knopffront, die ja immer etwas an der Taillenbetonung interessiert ist, verträgt sich eben die saloppe amerikanische Auffassung nicht. So ist es denn nicht verwunderlich, daß bei dem Zweireiher, nachdem hier eine Zeitlang die Tiefknopfstellung der Yankees den Ton angegeben, sich allmählich wieder der englische Geschmack durchsetzt. Die Knopfreihen machen nun also vorwiegend Halt in Höhe des Tascheneinschnittes, und dabei überwiegt dann sogar die Standardform, bei der nur der mittlere Knopf geschlossen wird, ohne daß sich deswegen aber die Reverslänge verkürzt, da man den Kragen verhältnismäßig kurz hält. Neben dem hochangesetzten Revers sind es dann noch die zur Zeit hier fast unerläßliche Billettasche und die langen Seitenschlitze, die den Zweireiher trotz der konservativen Schablone zu einem Modell up to date machen.


Beim Beiwerk fällt das come back des weißen, oft gerundeten steifen Kragens auf, auch zum pastellfarbenen Hemd. Hut im Homburgstil, dementsprechend ruhige Krawatte, etwa Medaillondessins, sowie seriöse Strümpfe; bei schwarzem Hut auch schwarze Schuhe.

Eine gewisse Veränderung erfährt dieser Anzugstyp nun auch noch dadurch, daß man be ihm weit weniger als bisher prägnante Streifen sehen wird, sondern kleine Figuren, die aber mit farbigen Effekten - sogar als Fensterkaros - kombiniert sind. Die Grundtendenz bleibt deswegen sogar bei diesem Sakkotyp seriös. Das Ausland stellt ihn darum auch ausdrücklich als "Aprés-midi-Anzug" heraus. Was dann wieder ganz bestimmte Hinweise für das Beiwerk ergibt. Am auffälligsten ist dabei die Rückker des weißen gesteiften Kragens, auf den man insofern noch besonders aufmerksam wird, als er hier neuerdings mit abgerundeten Ecken auftritt und vielfach aufgeknöpft auf ein pastellfarbenes Hemd. Das gibt eine sehr distinguierte Kombination, der man bei der Krawatte am besten durch abgesetzte Figuren oder Medaillons gerecht wird. Ein heruntergeklappter Hut hat dabei dann natürlich nichts zu suchen, denn in diesem Ensemble hat ein Recht allein die moderne Camberform, zum Teil in Mitternachtsblau und dann mit schwarzen Halbschuhen.



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